12. Mai 2014

Neulich in der Südeifel


Ja. Sie haben richtig gelesen: Südeifel. Ich verkaufe Reisen in aller Herren Länder und mache gern Urlaub in sonnigen, kulturell abwechslungsreichen Regionen. Vor ein paar Jahren fand ich aber heraus: Deutschland ist schön, auch und vor allem die Gegenden, die gar nicht mal so weit von Düsseldorf entfernt liegen. 

Vor Ostern verbrachte ich drei Tage auf einem kleinen Weingut in Ilbesheim in der Südpfalz und neulich fuhr ich mit meiner Freundin Martina in die Südeifel. Sie hatte ein traumhaft schönes Ferienhaus in Holsthum für uns gebucht. Ein Haus ganz für uns allein mit einer Terrasse und Blick auf die Hügel drum herum und in den Garten. Beim Betreten dieses Hauses wusste ich sofort: Hier werde ich mich wohlfühlen.

 
 
Vielleicht liegt es am zunehmenden Alter, aber ich werde mehr und mehr zum Natur-Fan. Bäche, Seen, Hügel, Laubwald und vor allem Streuobstwiesen. Ich liebe Streuobstwiesen. Wenn ich an Streuobstwiesen entlang wandere, drehe ich durch. So schön find ich die.

 

Eine besonders abwechslungsreiche Wanderung führte mich in die Teufelsschlucht, die sich am deutsch-luxemburgischen Felsenwanderweg befindet. Spektakuläre Felswände, ein Auf und ab auf Waldboden, der Geruch feuchter Erde - herrlich. Ich wanderte durch die Schlucht bis hin zu den Irreler Wasserfällen, die keine tosenden Sturzbäche, trotzdem ein echtes Naturerlebnis darstellen.

 

Ich war hochzufrieden mit meiner Wanderung. Das Blöde war nur, dass ich beim Wandern viel trinke und dann irgendwann in die Büsche muss. An den Irreler Wasserfällen hatte das Rauschen der Prüm den Druck auf meine Blase verstärkt. Ich musste mal. Dringend. Also schaute ich nach rechts und links und schlug mich links ins Buschwerks und guckte, ob da nicht irgendwo eine Leiche herumlag. Ich schaue regelmäßig Aktenzeichen XY ungelöst. Und außerdem ist das mal einem entfernten Bekannten passiert. Der wollte Pipi machen und fand eine Leiche. Das will man ja nicht, vor allem nicht, wenn man allein unterwegs ist. An einem leichenfreien Platz ging ich in die Hocke und empfand ein großes Gefühl der Erleichterung, bis ich in ca vier Meter Entfernung vor mir auf ein paar befellte Stiefel blickte. Ein Mann ging durch das Dickicht. Mit Pfeil und Bogen. Sie können sich vorstellen, wie schnell ich aufhörte mich zu erleichtern und wie hastig ich meine Jeans hochzog. 

Gerade als unauffällig entfernen wollte und mich in Richtung Wanderweg umdrehte, stieß ich gegen einen anderen Mann mit Bart. Und Pfeil und Bogen. Ich murmelte eine Entschuldigung und wollte zügig von dannen wandern, da sprach der Bärtige mich an:

"Können Sie nicht lesen?" 

"Äh, wieso?"

"Kommen Sie mal mit!" Er sprach so streng, dass ich ihm auf den Wanderweg zurück folgte. "Schauen Sie hier." Der Mann mit Pfeil und Bogen wies auf ein Schild, das an einem Baum hing.


Ich atmete tief durch. Dieser Mann und sein Kumpel mit den Fellstiefel waren keine Mörder, sie waren lediglich Bogenschützen, die an einem Turnier teilnahmen. Pfffffffh. Ich entschuldigte mich für meine mangelnde Um- und Vorsicht und wies auf meine Not hin, die mich vom Pfad abgebracht hatte.

Der Bogenschütze mit den grauen Locken und den roten Pfeilen im Köcher schmunzelte und meinte, es sei ja noch einmal alles gutgegangen. Weil er höflich war, stellte er sich vor: 

"Hood ist mein Name. Herbert Hood."

"Hood? Wie Robin Hood."

"Ja."

"Nee, ist klar. Dann bin ich Lady Marianne. Und das hier ist auch nicht der Südpfälzer Wald, sondern Nottingham Forrest."

"Nein, wirklich. Ich heiße Hood. Herbert Hood. Meine Vorfahren kommen aus Groß- britannien. Ich habe recherchiert, dass ich ein Urururur...(es folgten viele Urs, ich habe nicht mitgezählt)...großneffe von Robin Hood bin. Das Bogenschießen liegt unserer Familie im Blut." Er berichtete noch ein wenig über seinen prominenten Verwandten aus dem Hause derer von Locksley. Dann trennten sich unsere Wege und ich machte noch schnell ein Foto von meinem neuen Bekannten.


Dann ging ich die restlichen sechs Kilometer eiligen Schrittes zurück nach Holsthum. Ich ließ die Streuobstwiesen links liegen und ging auch nicht noch einmal zum Pipimachen hinter die Büsche. Als ich die Tür unseres wunderschönen Ferienhauses aufschloss, sagte ich meiner Freundin, dass ich dringend ein Bier benötige. Dann setzte ich mich auf unsere Terrasse in die Abendsonne und erzählte Martina von meiner Begegnung mit Herbert Hood und wie ich fast einen Pfeil in den Allerwertesten bekommen hätte.
 

:-)


Die Geschichte ist nur ein bisschen erfunden. Bis zur Stelle, an der ich mich erleichterte und auf befellte Stiefel schaute, handelt es sich um die Wahrheit und nichts als die Wahrheit. Der Rest ist Fantasie. Wie Herbert Hood wirklich heißt, entzieht sich meiner Kenntnis.