Allmählich kommt Stimmung auf vor dem Uerige.
Es ist früher Abend am Karnevalssamstag und wir stehen vor der Hausbrauerei inmitten der Düsseldorfer Altstadt. Alle sind irgendwie verkleidet, bei mir reichte der Verkleidungselan nur zu rotem Plüschhut mit Sonnenbrille, aber so ganz ohne Kostüm geht ja gar nicht.
Geht doch!
Mein Blick schweift über die Menge Menschen, die mehr oder sogar auch weniger alkoholisiert oder sogar auch nüchtern (wir!) ist, tanzt und schunkelt, als gäbe es kein morgen mehr, und bleibt an vier Männern hängen.
Vier unverkleideten Männern.
Vier Männern in dunklen Outdoorjacken.
So simpel gekleidet, dass es jedem Jecken und jeder Jeckin (gibt es eine weibliche Form von Jeck, ich habe keine Ahnung) sofort ins Auge springt. Mir jedenfalls.
Sie trinken Alt.
Immerhin.
Einer kennt erstaunlich viele Texte der rheinischen Lieder.
Wir stehen ziemlich nah beieinander und ich rufe dem Textsicheren zu:
"Raffinierte Kostüme."
"Ja, super, ne?"
"Ihr kommt aus Norddeutschland, oder?"
"Sieht man das?"
Dann werde ich aufgeklärt.
Die jungen Herren wohnen in Deutschland verstreut, kommen aus Kiel und planten ein Jungswochenende in Düsseldorf. So weit, so gut. Es war nur keinem klar, dass es sich ausgerechnet um das Karnevalswochenende handelt.
Meine Freundin und ich kriegen uns nicht mehr ein.
"Wir haben uns gestern extra ein paar lustige Hüte gekauft", sagt der eine.
"Und wo sind die?", frage ich. Ein wenig streng vielleicht.
"Haben wir vergessen", antwortet die Jack Wolfskin-Jacke neben dem Textsicheren.
"Wisst ihr was, dann gebe ich euch jetzt einen aus. Vier Alt für die ausgefallensten Kostüme" Was ja stimmt. Die Kostüme sind hier komplett ausgefallen.
Die dunkelgraue Outdoorjacke versteht zwar kein Wort von dem, was gesungen wird, schunkelt aber gern. Ich übersetze ihm grob "Superjeile Zick", als wir gerade mal nicht schunkeln.
"Als was gehst du denn?", werde ich von der Jack Wolfskin-Jacke gefragt.
"Als nix. Als doofer Hut mit Brille. Man muss nichts darstellen, nur irgendwie anders aussehen als sonst", führe ich meine Karnevals-Nachhilfe fort.
Draussen zu Hause.
So lautet der Wolfskin-Werbeslogan.
Das passt. Wir stehen draussen und sind eine große Karnevals-Familie.
Ist doch fast wie zu Hause.
Und all diese Outdoorjacken könnten sogar Altbierflecken unsichtbar erscheinen lassen.
Mit zunehmendem Alkoholkonsum steigt offensichtlich meine Toleranz.
Wir trinken noch ein paar, schunkeln, singen und ich erfahre, dass alle vier verheiratet und/oder Familienväter sind.
Falls ihre Frauen/Freundinnen zufällig auf diese Bloggeschichte stoßen:
Eure Männer sind treu wie Gold und verlässlich wie Shantychöre auf der Kieler Woche.
Nur das mit dem Verkleiden, das müssten sie vielleicht noch lernen.
Es ist so einfach, aus einer Outdoorjacke ein Kostüm zu machen.
Luur ens he: