Mein Beitrag zum Kurzgeschichten Wettbewerb der Mayerschen Buchhandlung Friedrichstraße.
Thema HERBST
Vorgabe: Maximal 200 Wörter
Laub
Sie haben ihn gefunden.
Schräg gegenüber, vor dem gelben Haus mit Vorgarten, stehen Polizei und ein Notarztwagen. Auf dem feuchten Kopfsteinpflaster zucken die Blaulichter.
Der Sakowski zuckt nicht mehr. Er ist tot.
Durch mein Küchenfenster kann ich sie alle sehen.
Polizisten, Sanitäter, eine Ärztin, die mit dem Kopf schüttelt.
"Da kann man nichts mehr machen", wird sie sagen. Die Frau vom Sakowski geht in die Knie und heult.
Ich nehme einen Schluck von meinem Kaffee und lehne meine Stirn gegen die Scheibe. Ein BMW fährt vor. Zwei Männer steigen aus, beide tragen Trenchcoats.
Sie unterhalten sich mit einem Polizisten und drehen sich dann beide um. Gucken genau in meine Richtung. Sofort husche ich zur Seite. Sie sollen mich nicht sehen. Ich setze mich auf einen Küchenstuhl und nehme mir einen von den Schokokeksen.
Jeden verdammten Tag hat er das Laub vom Bürgersteig vor seinem Haus weggeblasen mit diesem dröhnenden Ungetüm. Kleine Wirbelstürme goldener Blätter landeten am Straßenrand. Der Wind wehte sie wieder zurück.
Meine Migräne quälte mich. Sakowski schmiss den Laubbläser an.
Wir hatten Streit deswegen. Seit Wochen.
Seit eben ist es ruhig.