25. November 2019

Backen mit Frau Meyer

Sagen Sie mal, geht es Ihnen auch so wie mir? 
Das Thema Backen interessiert mich während des Jahres nicht. In Sendungen mit Enie van de Meiklokjes, in denen aus zentimeterdickem Fondant und Unmengen Lebensmittelfarbe, Teig, Buttercreme und Fimo-Knete Torten gestaltet werden, die die Lebensgeschichte des Bäckers darstellen, zappe ich allerhöchstens mal kurz rein.
Ich kann nur Marmorkuchen, Käsekuchen und "Gestürzter Herbstapfel", mein all time favourite Kuchenrezept aus der BRIGITTE.

In der Vorweihnachtszeit allerdings, da versuche ich mich an selbstgebackenen Plätzchen, wühle mich on- und offline durch Rezepte, die möglichst nicht mehr als drei bis vier Zutaten aufweisen. Auf einer Low Carb Rezepte-Seite im Netz finde ich Plätzchen, die einfach und lecker klingen. Eine der Hauptzutaten ist Mandelmehl. Das bekomme ich im ganz normalen Supermarkt nicht. 

Im Backzutaten-Gang vom Bio-Supermarkt kneife ich die Augen mangels Brille zusammen, um mich zu vergewissern, dass der Preis, den ich auf Anhieb zu erkennen glaube, auch stimmt. Ich taumele. Low carb ist nicht low budget. Da kann ich mein Gebäck gleich bei Heinemann kaufen. Dann wäre aber kein Schweiß von Frau Meyer in den Plätzchen, und darum geht es ja. Ums Selbermachen.
Neben dem Mandelmehl steht Hanfmehl. Das kostet nur die Hälfte und ist laut Aufdruck  REICH AN PROTEIN, also auch low carb, das nehme ich.

Zuhause stelle ich fest, dass Hanf eine Pflanze ist. Der Teig wird graugrün. Und der Blaumohn macht das Ganze auch nicht appetitlicher. 
Ich hatte mir von Mohn und Hanf eine stimmungserhellende Wirkung versprochen. Meine Stimmung erhellt sich nicht. 
Das da vor mir auf dem Blech sieht aus wie der Inhalt einer Babywindel nach übermäßigem Verzehr von Rahmspinat. 
Und was reimt sich auf backen?

Hauptsache gesund!



Ich habe als Kind das Ausschlecken der Schüssel bei Tante Hedwig geliebt. Durch die Mühle quoll der Teig für das Spritzgebäck, wurde zum S geformt und später das eine Ende in dunkle Schokolade getaucht. Meine Patentante macht großartige Plätzchen, mehrstöckige mit Konfitüre, und Kipferl. Wenn ich Glück habe, bekomme ich auch in diesem Jahr wieder eine Dose mit einer "Best of Hedwig" Auswahl an Selbstgebackenem.
Aber erst einmal will ich meinen Keksen noch eine Chance geben. Ich schiebe das Blech in den vorgeheizten Ofen und stelle den Timer auf 20 Minuten. Bereits nach fünf Minuten schmilzt mein Vertrauen in mein Backerzeugnis dahin.

Mmmmmmh.

Meine Weihnachtsplätzchen erinnern mich an die Hinterlassenschaften von Almkühen, die ich im Sommer weiträumig umwandert hatte.
Und weitere zehn Minuten später wächst zusammen, was nicht zusammen gehört.


Jetzt sagen Sie völlig zu Recht: 
"Ist doch egal! Hauptsache, es schmeckt."
Ich habe gerade Teile dieses ausufernden Gebäcks probiert. 
Es schmeckt nicht. 
Gar nicht. 
Überhaupt nicht.

Das Rezept sollte wie folgt ergänzt werden:
Man nehme die Plätzchen aus dem Ofen, lasse Sie auf dem Blech abkühlen, wickele sie anschließend in das Backpapier und werfe sie in den Restmüll.
So habe ich es jedenfalls gemacht.

Um wirklich leckeres selbstgebackenes Weihnachtsgebäck genießen zu können, muss ich womöglich bis Anfang Dezember warten.
Dann überreicht mir meine Cousine an einem geheimen Ort in Köln ein Paket. 
Das Plätzchen-Care-Paket meiner Tante Hedwig. 

Auf irgend etwas im Leben muss man sich doch verlassen können.

:-)