4. November 2020

Heute in Asien

Heute war ich in Asien.

Bei meinem Radiologen tragen die Wartezimmer Namen von Kontinenten. 

"Warten Sie bitte in Asien", sagte die junge Dame am Empfang und nun sitze ich hier, schaue auf die Darstellung saftig grüner Reisfelder und bekomme Appetit auf Summer Rolls.

Wie aufs Stichwort betritt eine weitere Patientin den Raum.

"MAHLZEIT!" ruft sie ganz unasiatisch und sinkt schnaufend auf einem Stuhl nieder. Ich gucke zu ihr herüber. 

Das Warten langweilt mich. Handy soll ausgeschaltet bleiben, Lesezirkel (die Viren!) mag ich nicht durchblättern. Was soll ich also Anderes tun als Mitpatienten begucken?

Die Frau hat sich einen Mund-Nasen-Schutz selbstgebastelt. Sie hat sich einen gelben Putzlappen einfach unter ihr Brillengestell geklemmt. Der Lappen scheint in Gebrauch gewesen oder mit den falschen Farben in einer Waschmaschine gelandet zu sein. Er baumelt - unten offen - über ihr Gesicht. 

Hier eine Skizze:


Ich bin nicht so ganz überzeugt von der Schutzfunktion dieser Eigenkreation und sowieso schon total nervös. Im MRT still und eingeklemmt zu liegen, den Presslufthammer-Geräuschen lauschen zu müssen und die Aussicht auf ein Herumgestocher in meinen dünnen Venen, damit das Kontrastmittel gespritzt werden kann, erhellen meine Stimmung nicht.

Kurz bevor ich eine Rückfrage an die andere Frau in "Asien" bezüglich ihrer Interpretation einer Covid-Maske stellen kann, zieht sie ihre Jacke aus. Auf ihrem schwarzen Shirt steht in weißen Lettern über ihrer enormen Brust

Was für ein sinnloses Gespräch

Ich entscheide mich, nicht mit ihr über ihren fragilen Mund-Nasen-Schutz zu diskutieren. Stattdessen konzentriere ich mich auf meine Klaustrophobie und Atemtechniken, um mich zu entspannen. Klappt nur, bis die Stocherei in meinen Venen beginnt.

Tock-tock-tock-tock-tock-tock-fiiiiep-fiiiiep-fiiiiep

Im MRT liegen wird keine meiner Lieblingsbeschäftigungen werden.
Warum geben die MRT-Apparate diese fiesen Geräusche von sich? Selbst der Kopfhörer mindert die nicht ausreichend.

Ich denke an den Slogan auf dem T-Shirt von der Frau mit der Lappen-Maske.

Zuhause google ich ihn und stelle fest: das T-Shirt gehört zum Merchandising-Programm vom Puppenspieler und Bauchredner Sascha Grammel. 

Leider nicht im Merchandising-Programm: Mund-Nasen-Schutz mit dem Was für ein sinnloses Gespräch-Spruch.

Das wäre doch mal ein sinnvolles Produkt!

Ich glaube, ich schreibe Herrn Grammel eine Mail.